Seit einem Jahr ist Alois Loferer Bürgermeister von Bad Endorf. Wir haben ihn in einem längeren Gespräch befragt zu seinen Plänen und Wünschen für Bad Endorf.

Chiemgau-Stimme: Sehr geehrter Herr Loferer, zunächst einmal darf ich mich im Namen der Chiemgau-Stimme sehr herzlich für Ihre Bereitschaft zu diesem Gespräch bedanken. Sie sind jetzt 12 Monate 1. Bürgermeister von Bad Endorf. Ein kurzer Rückblick: Waren Sie im März 2020 zuversichtlich, diese Wahl zu gewinnen?

Bürgermeister Loferer: Also ich war schon überzeugt davon, dass wir es schaffen können. Ich durfte auf eine perfekte Teamarbeit zurückgreifen – da war ich schon zuversichtlich, dass es klappt. Das Ergebnis war mit 65,6% am Ende recht doch eindeutig. 2014 gab es keinen Vorteil für einen einheimischen Kandidaten, jetzt wohl schon.

Chiemgau-Stimme: Ihre beiden Vorgängerinnen und auch der amtierende Bgm. Von Prien gehören bewusst keiner politischen Partei an, sondern unabhängigen Wählergemeinschaften. Welche Vorteile sehen Sie in der Mitgliedschaft in einer politischen Partei gegenüber einer Wählervereinigung?

Bürgermeister Loferer: Die CSU war für mich kein Nachteil bei der Bürgermeisterwahl. Der Vorteil ergibt sich mit Sicherheit aus dem bestehenden Überbau, das existierende Netzwerk, auf das man zurückgreifen kann. Auch der Erfahrungsschatz, auf den die eigene Partei zurückgreifen kann, ist sicher nicht zu unterschätzen. Gleichwohl steht die Parteipolitik in den Kommunen nicht im Vordergrund.

Chiemgau-Stimme: Fühlten Sie sich im vergangenen Jahr gut auf das Amt vorbereitet und haben Sie einiges dazulernen können?

Bürgermeister Loferer: Ich fühlte mich nicht schlecht vorbereitet und habe doch eine Menge dazugelernt. Dass man als Bürgermeister Chef des Rathauses ist, war klar, dass man auch Disziplinarvorgesetzter mit Verantwortung für sein ganzes Team ist, war eine neue Herausforderung für mich. Insgesamt gibt es einfach sehr viele Vorgänge, die eine schnelle Entscheidung erfordern. Natürlich habe ich viele Themen im Griff, dennoch muss man manchmal unvorbereitet entscheiden. Als Bürgermeister bekleidet man ein politisches Amt –  darin muss man eben auch tagesaktuell reagieren. Das war anfänglich neu, aber ich habe mich gut eingewöhnt.

Chiemgau-Stimme: Welche wichtigen Projekte neben dem Kreisel an der Traunsteiner / Rosenheimer Straße und dem Grundschulneubau wollen Sie angehen?

Bürgermeister Loferer: Der Kreisverkehr ist sicher der Ausgangspunkt für die notwendige städtebauliche Sanierung unseres Zentrums. Die Umsetzung ist auf 15 Jahre angelegt. Was wir zunächst brauchen, ist eine innerörtliche Verkehrslösung und keine Umgehung. Die diesbezüglichen Planungen vor 30, 40 Jahren waren nach meinem Dafürhalten eher undurchdacht. Über 7 km Trasse durch topographisch sehr bewegte Landschaft waren geplant für eine 2,5 km lange Ortsdurchfahrt. Da sehe ich erst einmal kein vernünftiges Verhältnis.
Wichtig ist die Senkung der evtl. Störfaktoren wie Lärm und Geschwindigkeit. Und wir müssen den Fahrradverkehr ermöglichen und integrieren. Was wir brauchen ist Tempo 30 in der Bahnhofstraße. Damit werden wir in Kombination mit dem Kirchplatzkreisel erreichen können, dass der Verkehr dort zwar langsamer, dafür aber flüssiger wird. Und wir wollen erreichen, dass es für die Besucher der Geschäfte mehr Platz gibt. Dass die Fahrzeuge seitlich parken und nicht mehr senkrecht, ist dabei ein mögliches Instrument. Ich möchte gerne, dass wir die Blechlawine in den Griff bekommen. Aber hier ist der Gordische Knoten noch nicht durchschlagen worden. Dabei muss ich einräumen, dass es gar nicht so einfach ist, Tempo-30 einzurichten, weil die Gemeinde auf den Staatsstraßen nicht der Entscheidungsträger ist.

Chiemgau-Stimme: Lassen Sie uns noch etwas über die Verkehrspolitik in Bad Endorf sprechen: Es gibt Stimmen, die behaupten, die Straßen seien teilweise in einem erbarmungswürdigen Zustand. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Bürgermeister Loferer: Ich sehe großen Handlungsbedarf. Wenn ich an manche Straßen im Ort denke, sind diese als solche kaum noch zu erkennen. Das müssen wir konzentriert angehen. Es ist aber nicht so einfach, weil sehr viele Verhandlungen, auch um Grundstücke, notwendig sind. Und weil Sie von der Verkehrspolitik sprechen: Mir ist es auch wichtig, dass wir mehr für die Fahrradfahrer tun. Zwischen Mauerkirchen und Rimsting benötigen wir dringend das fehlende Stück Radweg. Die Staatsstraße dort ist für die Radler einfach zu gefährlich. Mehrere Routen werden derzeit geprüft – hoffentlich auch die realisierbare.

Chiemgau-Stimme: Bad Endorf ist auch groß durch seine 49 Gemeindeteile. Wie schwierig ist es aus ihrer Sicht für einen Bürgermeister, einem Ort mit so vielen Ortsteilen vorzustehen?

Bürgermeister Loferer: Also ich finde es sehr reizvoll, in einer Gemeinde Bürgermeister zu sein, die aus rund 50 Gemeindeteilen besteht. In manchen besteht traditionell ein eigenes soziales Gefüge, das es zu pflegen und zu erhalten gilt. Diese Selbstständigkeit der Ortsteile im Zusammenspiel mit der Zugehörigkeit zu Bad Endorf, das macht den Reiz aus. Die Gemeindeteile wie z.B. Hirnsberg, Mauerkirchen-Antwort oder Hemhof, pflegen ihre Eigenständigkeit und gehören einem starken Verbund an, das stärkt. Die Gemeinschaft funktioniert auch, weil die Teile zu einem größeren Ganzen gehören.

Chiemgau-Stimme: Die Chiemgau Thermen waren immer ein großes Sorgenkind von Bad Endorf? Andererseits hängt daran auch der Titel „Bad“. Wie sehen Sie deren Zukunft?

Bürgermeister Loferer: Seit der Entflechtung steht die GWC auf stabilen Füßen. Auch wenn die Marktgemeinde Bad Endorf 76% der Aktien hält, ist sie doch nicht mehr operativ in der Verantwortung. Das beruhigt und die ökonomische Situation der Chiemgau-Thermen ist – abgesehen von der Coronakrise – stabil. Durch die geplante Hotelerweiterung wird sich das touristische Segment der GWC AG noch mehr stabilisieren. Die Chiemgau-Thermen sind der Leuchtturm für Bad Endorf. Die GWC stellt ein gesundes Unternehmen dar und verfolgt gleiche Ziele wie die Gemeinde. Wir können so Besucher aus ganz Oberbayern und darüber hinaus anlocken.

Chiemgau-Stimme: Und was ist mit dem Moorbad? Welche Pläne verfolgt die Marktgemeinde hier?

Bürgermeister Loferer: Beim Bürgerentscheid vom Oktober 2017 wurde mit dem bisherigen Standort die für die Gemeinde am schwierigsten zu finanzierende Lösung ausgesucht. Die Umsetzung ist aber nicht nur deshalb schwierig. Es gibt zudem ungeklärte Haftungsrisiken und offene Fragen beim Betriebskonzept. Konsens war ein Bad, in dem sich die Bürger eintrittslos und unabhängig von einer Badeaufsicht aufhalten können. Unter welchen Umständen das machbar ist, ist ebenso zu klären wie die Frage ob unabhängig vom Ergebnis des Bürgerentscheids nicht doch ein anderer Standort in Frage käme. Darüber habe ich mich mit Vertretern des Moorbadvereins bereits unterhalten.

Chiemgau-Stimme: Der Grundschulneubau hat auch manchen Kritiker gehabt. Die Schule müsse im Ort bleiben und dürfe nicht auf das freie Feld verwiesen werden, wurde immer wieder erklärt. Nützt der Wegzug der Grundschule aus dem Ortszentrum Bad Endorf oder schadet er dem Ort?

Bürgermeister Loferer: Schauen Sie, der Wechselschadet der Gemeinde überhaupt nicht. Sie müssen die Grundschule und die Mittelschule als eine organisatorische Einheit sehen. Es gibt auch nur eine Schulleitung und  Schulverwaltung für beide Teile. Hinzu kommt die Nutzung der Turnhalle. Sie wurde als Sporthalle für den Sportunterricht beider Schulen ausgelegt und staatlich gefördert.  Damit ist eine zusätzliche Halle nur für die Grundschule nicht förderfähig. Damit könnte das Bad Endorf leider nicht zusätzlich finanzieren. Im Moment müssen die Grundschüler mit dem Bus zum Sport gefahren werden. Das bringt einen hohen Zeit- und Kostenaufwand mit sich. Einfacher ist es, die Gelegenheit zu nutzen und Schulen und Sportanlagen zusammen zu bringen. . Schließlich ist das Grundschulgebäude hier im Ortszentrum sanierungsbedürftig und zu klein. Das Schulzentrum bei der Mehrzweckhalle bringt also eine ganze Reihe an Vorteilen. Wenn Sie bedenken, dass sich der Hort schon jetzt bei der Mittelschule befindet und die Grundschüler zu wechselnden Unterrichtsschlusszeiten dann zu Fuß zum Hort gehen müssen, da ist es schon dringend erforderlich, Grundschule und Hort räumlich zusammenzulegen. Ich weiß natürlich, dass die Debatte sehr emotional geführt wurde, aber nunmehr haben wir ein deutliches Votum der Bürgerschaft, , mit dem wir allen Seiten gerecht werden können.

Chiemgau-Stimme: Sie haben in der letzten Gemeinderatssitzung einen Neubau an der Jahnstraße mit 40 Wohnungen vorgestellt. Wie groß ist der Druck, neue Baugebiete auszuweisen angesichts der steigenden Mietpreise?

Bürgermeister Loferer: Wir haben auch in Bad Endorf einen enormen Zuzugsdruck, viele Externe zieht es in unsere Gemeinde, auch dank der guten Bahnanbindung an die Städte. Für unsere Einheimischen haben wir deshalb neue Richtlinien für die Vergabe vergünstigten Baulands beschlossen. Mit ihr wollen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern helfen, die an den hohen Preisen auf dem normalen Markt verzweifeln. Die Zahl der Zweitwohnungen ist in Bad Endorf übrigens nicht so problematisch, wie in anderen touristischen Orten. Mit einer moderaten Zweitwohnungssteuer ist es uns offenbar gelungen, den Zuwachs ein wenig zu bremsen.

Chiemgau-Stimme: Möchten Sie unseren Lesern noch abschließend etwas mitteilen?

Bürgermeister Loferer: Lassen sie mich abschließend noch eine Sache erwähnen: Uns hier in Bad Endorf ist der Dialog mit den Bürgern sehr wichtig. Deswegen brauchen wir Formen des Bürgerdialogs, die ein zielorientiertes Vorgehen ermöglichen. Leider bremste die Coronapandemie viele Formate wie Arbeitskreise, Bürgerversammlungen und Informationsveranstaltungen in den vergangenen Monaten aus. Die Bürger suchen den Kontakt zum Bürgermeister – und umgekehrt. Wir haben eine Ortsgröße, wo man das auch noch sehr gut realisieren kann. Deshalb sind Veranstaltungen und Vereinsfeste sehr wichtig, wo der Bürgermeister mit den Bürgern zwanglos ins Gespräch kommen kann. Ich hoffe sehr, dass wir dazu in absehbarer Zeit wieder Gelegenheit haben. Übrigens: im Rathaus haben wir es durch Terminvergaben und Anmeldeverfahren erreicht, dass die Wartezeiten für die Bürger enorm zurückgegangen sind. Auch das halte ich für einen wichtigen Baustein der Bürgernähe. Und hier sind wir auf den richtigen Wegen.

Chiemgau-Stimme: Sehr geehrter Herr Bürgermeister, das war ein sehr ausführliches und auch sehr aufschlussreiches Gespräch. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Zeit und die offenen Antworten auf meine Fragen.