Sind wir in der vierten Welle angekommen?

Die Zahlen des RKI sind beunruhigend! Nach einem Sommer, der sich coronafrei anfühlte, steigen die Infektionszahlen deutlich. Die Stadt Rosenheim liegt in der Inzidenz bundesweit auf Platz 4. Im Landkreis Rosenheim stellen wir heute den dritten Tag mit einer Inzidenz von über 50 fest. Das war zuletzt am 25. Mai der Fall, kurze Zeit nach dem Ende des zweiten lock-down. Seither stagnierte die Inzidenz bundesweit, aber auch in der Region auf niedrigem Niveau.

Kündigt sich jetzt die vierte Welle an  und werden wir mit lock-down-Beschränkungen auch in diesem Herbst und Winter leben müssen? Die Experten in unserem Lande diskutieren schon länger die Frage, ob die Inzidenzwerte (also Infektionen auf 100.000 Einwohner) der einzige Wert der Beurteilung sein sollten oder ob man nicht auch andere Kriterien zu Rate ziehen sollte. Im Gespräch sind dabei der R-Wert (also, wieviele Menschen steckt ein Infizierter statistisch an?), Impfquote (sie liegt heute bei 58,2%, über 48 Millionen Deutsche sind vollständig geimpft, fast 99 Millionen Impfdosen sind verimpft worden), Belegung der Intensivstationen und Kontaktverhalten der Bevölkerung. Dabei stellte sich heraus, dass die jüngeren Menschen häufiger feiern wollen, die Bars und Discos aber nach wie vor geschlossen bleiben und die jüngeren weniger geimpft sind, verursacht durch die bis Anfang Juni 2021 geltende Impfpriorisierung und einer zunehmenden Impfskepsis in der Bevölkerung. Wurden im Mai bis zu 1,2 Millionen Menschen täglich geimpft, sank dieser Wert im Sommer teilweise bis auf 100.000 Impfungen täglich. Vorgestern waren  es über 400.000 Impfdosen. Der Intensivmediziner Hajo Grundmann von der Universität Freiburg vermutet, dass wir es Mitte September mit über 20.000 Infektionen täglich in Deutschland zu tun hätten, eine Belegung der Intensivbetten dadurch aber keine Bedrohung , da ca. 1.500 Betten benötigt würden. Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle waren es zeitweise mehr als 5.000.

Dennoch steigen die Infektionszahlen wieder exponentiell und es wird wohl auch so bleiben. Das habe mit der Deltavariante zu tun, die fast doppelt so infektiös sei wie ihre Vorgängerinnen und mit dem nahenden ende der Schulferien. In beliebten Reiseländern am Mittelmeer ist die Impfquote deutlich niedriger als in Deutschland und die Gefahr, dass gerade die Jüngeren sich anstecken, ist hoch. Es seien vor allem die Ungeimpften, die das Infektionsgeschehen antreiben, sie stecken sich mehr als zehnmal so häufig an wie die Geimpften. Und selbst wenn sich Geimpfte infizieren, ist nach der bisherigen Erfahrung der Krankheitsverlauf deutlich milder als bei den Ungeimpften. Steht uns also der nächste lock-down ins Haus? Hajo Grundmann meint, dass es gegen den Erreger kein besseres Gegenmittel als die Impfung gebe. Die allgemeine „Corona-Müdigkeit“ sei auf jeden Fall nicht hilfreich. Grundmann hofft, dass viele nun vorsichtiger würden und die Impfbereitschaft wieder steige. Sonst könne es mit den wieder gewonnenen Freiheiten schnell vorbei sein.

Warum gerade die Stadt Rosenheim mit einem Inzidenzwert von 129,0 auch heute so nach oben ausschlägt (zum Vergleich: der Landkreis Rosenheim liegt bei 51,3, Mühldorf bei 50,9, Berchtesgadener Land 64,2 und Traunstein 40,0), diese Frage konnte uns so klar auch niemand beantworten.